In den von Deutschland annektierten Gebieten Polens wird die gesamte nichtdeutsche Bevölkerung in das Generalgouvernement deportiert.
Für Polen hat Hitler keine Vasallenregierung vorgesehen, so wie es in anderen seiner Herrschaftsgebiete üblich war. Anfang Oktober 1939 werden neben den ehemals preußischen Gebieten weitere Teile Polens in das Deutsche Reich als „Reichsgaue“ („Danzig-Westpreußen“ und „Wartheland“) annektiert. Auch im übrigbleibenden Restgebiet, dem sogenannten „Generalgouvernement“ wird die Militärverwaltung durch eine von zuverlässigen Funktionären der NSDAP geleitete Zivilverwaltung ersetzt und das Gesamtterritorium nach völkisch-nationalen Gesichtspunkten „bereinigt“. Diese „Flurbereinigung“ soll vor allem in der Abschiebung von „Juden und anderem Gesindel“ aus dem Reich in das Generalgouvernement,
die Umsiedlung von Polen aus den neu zu besiedelnden östlichen „Reichsgauen“ und aus der Ansiedlung von „Volksdeutschen“ bestehen – die vor allem aus dem Baltikum und aus Wolhynien umzusiedeln sind. Damit ist zugleich vorentschieden, daß eine Wiederherstellung eines polnischen Staates innerhalb des deutschen Machtbereiches nicht
geduldet werden würde. Hitlers „völkische Ostmarkenkonzeption“ stützt sich auf alte Ambitionen deutscher Ostpolitik. Sie und durch angebliche „polnische Greuel“ geweckte antipolnische Emotionen dienen als Propagandainstrumente nationalsozialistischer Weltanschauungspolitik. Am 6.10.39 spricht Hitler von der im Osten zu leistenden
„Sanierungsarbeit“, die unter Berücksichtigung des „Rassegedankens“ mit Hilfe von Umsiedlungen „eine neue Ordnung der ethnographischen Verhältnisse“ herbeiführen solle. Alte antipolnische Stereotype finden sich neu interpretiert in der Begriffswelt der NS-Rassentheorie. Abgesehen von „einer dünnen germanischen Schicht“, so Hitler gegenüber dem ideologischen Fachmann Alfred Rosenberg, bestehe das polnische Volk aus „furchtbarem Material“, die polnischen Juden seien „das grauenhafteste, was man sich überhaupt vorstellen kann“. In einer Denkschrift des Rassepolitischen Amtes der NSDAP über die Behandlung der Bevölkerung heißt es: „Die Masse des Polentums müsse rechtlich, kulturell und sozial vom Deutschtum streng isoliert gehalten, am besten entfernt werden.“ Die Unterdrückung, Entrechtung und Verfolgung des Polentums wird institutionalisiert und in ein bürokratisches System gebracht. Im Dezember 1939 findet im Warthegau die erste systematisch organisierte Deportation nach vorbereiteten Plänen statt. Durch sie werden
innerhalb von 17 Tagen aus sämtlichen Kreisen des Gaues rund 90 000 Polen nach dem Generalgouvernement abtransportiert. Die Deportationen wiederholten sich in gewissen Abständen bis zum Frühjahr 1941. Mit diesen Zwangsaussiedlungen geben Hitler und Himmler ein Beispiel, das 1945 auf das gesamte Deutschtum im Osten zurückschlagen sollte.
Was die Deutschen aus den Oder-Neiße-Gebieten nach Kriegsende erleben, haben vier Jahre vorher Hunderttausende von Polen zu spüren bekommen. Die gewaltsame Evakuierung polnischer Bauern wirde mit der Einweisung von Volksdeutschen Umsiedlern in die geräumten Gehöfte und Wohnungen verbunden. Volkstumspolitik wird nicht mehr als Pflege und Förderung nationaler Kultur und Überlieferung verstanden, sondern nach bevölkerungspolitischen Sollzahlen und als "Transportfrage" gehandhabt.